"Es müssen mehr Lehrer ausgebildet werden"
Bildungsminister wollen künftigem Lehrermangel vorbeugen
- Veröffentlicht: 11.10.2018
- 08:34 Uhr
- dpa
Schon heute herrscht vor allem an Grundschulen ein oft dramatischer Lehrermangel. Nun will die Politik die Grundlagen legen, damit die Situation künftig nicht aus dem Ruder läuft.
Angesichts des teils dramatischen Lehrermangels in Deutschland plädiert der Chef der Kultusministerkonferenz (KMK), Helmut Holter, für mehr Plätze in Lehramtsstudiengängen. "Es müssen mehr Lehrer ausgebildet werden", sagte Thüringens Ressortchef der Deutschen Presse-Agentur. An diesem Donnerstag kommen die Bildungsminister von Bund und Ländern in Berlin zusammen. Die KMK will eine Prognose zum Einstellungsbedarf von Lehrern bis 2030 vorlegen.
Wichtig sei, dass alle Länder mitzögen, sagte Holter. "Ansonsten bilden vielleicht wenige Länder aus und die anderen sind Nutznießer", sagte der Linke-Politiker. Zwar sei die Ausbildung von Lehrern in der Zuständigkeit der einzelnen Länder. "Aber alle haben eine gesamtdeutsche Verantwortung."
Es fehlen die Bewerber
Die KMK-Prognose rechne mit einem durchschnittlichen Einstellungsbedarf von knapp 32 000 Lehrern pro Jahr, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Dem stünden jedoch nicht ausreichend Bewerber gegenüber. Jedes Jahr könnten Hunderte Lehrerstellen unbesetzt bleiben - vor allem an Berufsschulen und solche, die eine sonderpädagogische Ausbildung erfordern. Auch an Grundschulen gebe es erhebliche Schwierigkeiten. Bei Gymnasiallehrern gebe es hingegen einen "deutlichen Bewerberüberhang". Der Osten werde weit stärker als der Westen betroffen sein, wo es 3,5 Prozent mehr Lehrer als benötigt geben werde.
Im Mai hatte die KMK eine Prognose vorgelegt, nach der die Zahl der Schüler bis 2030 um 278 000 auf 11,2 Millionen steigen wird.
Einwöchiger Crashkurs
Der Deutsche Lehrerverband sieht vom bereits bestehenden Lehrermangel besonders die Grund- und Förderschulen betroffen, wie Präsident Heinz-Peter Meidinger der dpa sagte. Dramatisch sei die Situation oft in den Stadtstaaten, aber teils auch in den ostdeutschen Bundesländern. Als Reaktion würden Klassen vergrößert und Unterricht verkürzt. Zudem würden die Länder versuchen, Pensionisten zu gewinnen, Studenten, Seiteneinsteiger. "Drei von vier Neueinstellungen in Berlin in Grundschulen sind Seiteneinsteiger", sagte Meidinger. Viele würden mit einwöchigem Crashkurs an die Schulen geschicket.
Holter sagte, der Mangel an Personal werde die ostdeutschen Länder härter treffen als die westdeutschen. "Das hängt mit den Personalentwicklungskonzepten der 2000er-Jahre zusammen, als es einen Überhang gab und zu wenig Lehrer damals eingestellt wurden."
Faire Umstände
Bei ihrer bis Freitag dauernden Sitzung wollen die Kultusminister auch Empfehlungen zur Stärkung der Demokratieerziehung in der Schule geben und über die künftige Platzvergabe beim Medizinstudium beraten. Schüler, die sich gesellschaftlich engagieren, sollten dafür im Zeugnis gewürdigt werden - etwa wenn sie sich in Jugendzentren engagierten, bei der Freiwilligen Feuerwehr oder im Naturschutz, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe unter Berufung auf die Beschlussvorlage für die Tagung.
Zudem sollten Themen wie Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Sexismus und Homophobie stärker als bisher im Unterricht erörtert werden.
Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will im Kreis der Ressortchefs auch noch einmal auf mehr gemeinsame Standards im Schulunterricht pochen. Es brauche mehr Vergleichbarkeit, mehr Transparenz und mehr Qualität. "Offenbar gibt es erfolgreichere Länder und weniger erfolgreiche. Das zieht sich von den unverzichtbaren Grundfähigkeiten des Lesens, Rechnens und Schreibens bis zum Ganztag durch alle Themen", sagte Eisenmann der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Ziele müssten die Länder in einem Staatsvertrag festzurren.
Ziel der Beratungen der Kultusministerkonferenz an diesem Donnerstag in Berlin sei es festzulegen, welche Themen in dem Staatsvertrag berücksichtigt werden sollten, sagte sie. Das CSU-regierte Bayern und das von Schwarz-Grün regierte Baden-Württemberg hatten bereits mehrfach auf verbindliche Bildungsstandards und einen entsprechenden Staatsvertrag gepocht.