Hilfe aus Deutschland
Corona-Lage in Indien immer dramatischer
- Veröffentlicht: 27.04.2021
- 09:00 Uhr
- dpa
Corona verbreitet sich in Indien immer rasanter. In den Krankenhäusern fehlt es an Sauerstoff und Krankenhausbetten - und Krematorien sind bereits überlastet. Deutschland und andere Länder haben Hilfe zugesagt.
Ein dramatischer Anstieg der Covid-Todesfälle in Indien hat in der Hauptstadt Neu Delhi zu einer Überlastung der Krematorien geführt. Etliche Bestattungshäuser berichteten, dass sie mehr Plattformen errichten mussten, um darauf Scheiterhaufen zu platzieren. Weil Krematoriumsmitarbeiter überlastet seien, müssten sogar die Angehörigen von Verstorbenen dabei helfen, Holz heranzutragen, berichtet der Sender NDTV am Montag. Deutschland hat Hilfe für Krankenhäuser zugesagt, denen es vielfach an Sauerstoff und Medikamenten fehlt.
Offizielle Zahlen zufolge erreichten die erfassten Corona-Neuinfektionen in Indien fünf Tage in Folge weltweite Höchstwerte - zuletzt stiegen sie auf mehr als 350 000 innerhalb von 24 Stunden. 2800 Menschen starben in diesem Zeitraum mit oder an Corona. In absoluten Zahlen hat die größte Demokratie der Welt mit ihren 1,3 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohnern mehr als 17 Millionen Infektionen erfasst. Das Land ist damit hinter den USA am stärksten von der Pandemie betroffen. Indische Medien gehen davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Opfer noch deutlich über den offiziellen Statistiken liegt.
Seit Tagen fehlen in Krankenhäusern medizinischer Sauerstoff und Betten. Corona-Erkrankte sterben teils vor Krankenhäusern in Neu Delhi und anderen Städten. Verwandte versuchen verzweifelt, selbst Sauerstoff zu kaufen - etwa auf dem Schwarzmarkt für ein Vielfaches des normalen Preises.
Angesichts dieser Zuspitzung hat Deutschland dem Land Hilfe zugesichert. «Innerhalb der Bundesregierung und im Gespräch mit Unternehmen setzen wir deshalb gerade alle Hebel in Bewegung, um schnellstmöglich, etwa mit Sauerstoff und Medikamenten, unterstützen zu können», sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) der «Rheinischen Post» (Montag).
Auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller bekundete sein Mitgefühl. «Wir stehen Indien in dieser dramatischen Situation beim Kampf gegen die Corona-Mutation zur Seite. Denn das Virus besiegen wir nur gemeinsam oder gar nicht», sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Derzeit finanzieren wir die Beschaffung und Installation von Sauerstoffanlagen im Nordosten Indiens sowie den Ausbau der medizinischen Kühlkette zur Verteilung von Covid-19-Impfstoffen.»
Virusvariante B.1.617 breitet sich rasch aus
Die USA wollen ebenfalls Impfstoffrohmaterialien, Medikamente, Schnelltests, Beatmungsgeräte und Schutzausrüstung zur Verfügung stellen sowie bei der Sauerstoffversorgung helfen, wie das Weiße Haus mitteilte. US-Präsident Joe Biden sagte dem indischen Regierungschef Narendra Modi in einem Gespräch am Montag die «unerschütterliche Unterstützung» der Vereinigten Staaten zu. Die USA stünden im Kampf gegen die Pandemie «Schulter an Schulter» mit Indien, hieß es weiter.
Die schnelle Ausbreitung der Seuche könnte in Indien unter anderem an der dortigen Virusvariante B.1.617 liegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beobachtet sie und auch in Deutschland wurden bereits einige Infektionen mit B.1.617 registriert. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befürchten, dass Geimpfte und Genesene möglicherweise vor einer Ansteckung weniger gut geschützt sein könnten. Allerdings gibt es erst wenige Daten zur Gefährlichkeit von B.1.617.
Auch eine verbreitete Sorglosigkeit dürfte eine Rolle bei der raschen Corona-Ausbreitung in Indien gespielt haben. Es gab lange Massenveranstaltungen für Regionalwahlen und religiöse Feste ohne Masken und Abstand. Zudem haben erst knapp zehn Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfdose erhalten - und das, obwohl das Land selbst Impfstoff in Massen produziert.
Deutschland und weitere Länder haben die Einreise aus Indien mit Blick auf die dortige Virus-Variante stark eingeschränkt. «Es war richtig, dass wir schnell gehandelt haben, um den Eintrag der neuen Mutation nach Deutschland zu stoppen», betonte Maas.