Gespräche der EU-Außenminister gehen weiter
Deutschland und Österreich: Flüchtlinge dürfen einreisen
- Veröffentlicht: 05.09.2015
- 09:01 Uhr
- dpa
Die EU sucht im Flüchtlingsdrama einen gemeinsamen Nenner. Kanzlerin Merkel besteht auf einer grundlegenden Reform der europäischen Asylpolitik. Ungarn lässt die Migranten in der Nacht ausreisen.
Die Außenminister der Europäischen Union wollen am zweiten Tag eines Treffens in Luxemburg weiter über die Flüchtlingskrise beraten. Zu den Gesprächen an diesem Samstag werden auch Vertreter aus den westlichen Balkanstaaten erwartet. Über Länder wie Serbien versuchen derzeit Tausende Asylsuchende, in westliche EU-Staaten zu gelangen.
Überraschend durften in der Nacht zum Samstag in Ungarn gestrandete Flüchtlinge Richtung Österreich und Deutschland ausreisen. Das sei in mehreren Gesprächen am Freitagabend abgesprochen worden, sagte der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung, Georg Streiter, der Deutschen Presse-Agentur.
Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann erklärte nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA, die
Entscheidung über die Ausreise der Migranten sei mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmt. Faymann hatte demnach zuvor mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban gesprochen. Ungarns Regierung organisierte 100 Busse.
Asylanträge aus Balkanstaaten
Inmitten des Flüchtlingsdramas stellen auch Einwohner der westlichen Balkanstaaten Asylanträge in westeuropäischen Staaten. Dies ist vielen in der EU ein Dorn im Auge. Die EU-Kommission will deshalb vorschlagen, die westlichen Balkanländer EU-weit zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Auch deswegen, weil sie als Länder, die einen EU-Beitritt anstreben, bestimmte Standards erfüllen müssen.
Nach Ansicht des UN-Beauftragten für Menschenrechte, Ivan Šimonović, wird die Flüchtlingskrise in Europa noch lange anhalten. "Wir müssen uns auf Jahre einstellen», sagte der Kroate in New York. "Dieses Problem wird erst gelöst werden, wenn die Ursachen gelöst sind, vor allem der Konflikt in Syrien. Und ich fürchte, da können wir auf keine rasche Lösung hoffen."
Nach den Worten von Šimonović war 2014 ein Rekordjahr bei den Flüchtlingen: "Noch nie waren auf der Erde seit dem Zweiten Weltkrieg so viele Menschen auf der Flucht und noch nie waren die Rückkehrraten so gering", sagte er. Demnach gab es im vergangenen Jahr 9,5 Millionen Flüchtlinge. Mehr als die Hälfte kam nur aus drei Ländern: 3,9 Millionen aus Syrien, 2,6 Millionen aus Afghanistan und 1,1 Millionen aus Somalia. "Wir müssen befürchten, dass dieses Jahr das vergangene noch überflügeln wird. Alle Anzeichen sprechen dafür."
Ruf nach Sondergipfel
In der Europäischen Union wird indes der Ruf nach einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs zur Flüchtlingskrise lauter. Beim Außenministertreffen in Luxemburg sprach sich am Freitag unter anderem der österreichische Außenminister Sebastian Kurz offen dafür aus. Sein slowakischer Kollege Miroslaw Lajcak sagte: "Wir wären sicherlich dafür. Wenn wir bis Mitte Oktober warten, könnte das zu spät sein." Neben einem Sondergipfel ist auch ein weiteres Sondertreffen der europäischen Außen- und Innenminister im Gespräch. Es könnte den Gipfel vorbereiten.
Allerdings ist die EU weiter tief zerstritten, wie mit den Flüchtlingen umgegangen werden soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine grundlegende Reform der europäischen Flüchtlingspolitik. "Das gesamte System muss neu gestaltet werden", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zwischen den 28 EU-Ländern müsse es eine "faire Lastenverteilung" geben.
Auf der sogenannten Balkanroute und in Griechenland warten weiterhin Zigtausende Migranten auf eine Möglichkeit, in den Westen zu gelangen. Angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen auf griechischen Inseln versprach der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, Athen weitere Hilfe. In der Hafenstadt Piräus soll bald ein sogenanntes Hotspot-Zentrum öffnen, wo Flüchtlinge registriert werden.