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Porträt

Ein Bundesland am Pranger: Sachsen in Zahlen

  • Veröffentlicht: 07.09.2018
  • 14:08 Uhr
  • dpa
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© Jan Woitas/dpa

Gute Bildung und Hitler-Gruß sind keine Gegensätze. Das Bundesland Sachsen ist der lebende Beweis. Bilder aus Dresden und Chemnitz beschädigten und beschädigen Sachsens Ruf. Zu Recht?

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Sachsen ist AfD-Hochburg und zugleich Spitzenreiter bei der Bildung. Die Arbeitslosenquote ist gering, doch die Menschen unzufrieden. Warum eigentlich? Ein Blick auf den Freistaat.

Zahlen zu Wirtschaft, Kriminalität und Bevölkerung:

Bevölkerung

Sachsen schrumpft - doch nicht überall. Zwar ist zwischen 1991 und 2016 die Zahl der Einwohner um fast 13 Prozent auf knapp 4,1 Millionen zurückgegangen, doch gehören mittlerweile zumindest die sächsischen Großstädte zu den wachsenden Regionen. Leipzig zählt zwischen 2010 und 2015 nach Berechnungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung sogar zu den sieben Gegenden mit dem deutschlandweit höchsten Wachstum. In die Untersuchung fließen Zahlen zu Bevölkerung, Wanderungen, Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und ähnliche Faktoren ein. Überdurchschnittlich schrumpfen hingegen die Kreise Görlitz, Bautzen, Mittelsachsen und Erzgebirgskreis.

Alternde Bevölkerung

Wären die fünf neuen Bundesländer heute noch ein eigenständiger Staat, wäre er das Land mit den meisten über 65-Jährigen in der EU. Sachsen bildet da keine Ausnahme. Zwischen 1991 und 2016 ist diese Altersgruppe um fast 40 Prozent angewachsen. EU-weit gehören Görlitz, Plauen und Zwickau zu den vier Gegenden mit den meisten Menschen im Rentenalter - jeweils bei rund 27 Prozent der Gesamtbevölkerung. Errechnet hatten das die EU-Statistiker von Eurostat in einem Ranking der 279 Stadtregionen mit mindestens 250.000 Einwohnern.

Wirtschaft

Während Sachsen im Jahr 2016 noch zu den Top-Fünf-Bundesländern bei der konjunkturellen Entwicklung zählte, gehörte der Freistaat 2017 mit einem Wachstum von 1,4 Prozent zu den vier schwächsten. Für die Bundesrepublik berechnete der Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder für 2017 ein Wachstum von 2,2 Prozent. Für 2018 hat das ifo-Institut seine Wachstumsprognose für Ostdeutschland von 2,0 Prozent auf 1,6 Prozent gesenkt. In Sachsen gehen die Forscher von 1,4 statt 2,2 Prozent aus. Gründe seien zunehmende Unsicherheit, etwa durch die Handelspolitik der US-Regierung, Streiks oder Grippewellen. Das Statistische Landesamt führt die Rate unter anderem auf eine unterdurchschnittliche Entwicklung im Produzierenden Gewerbe zurück.

Tourismus

Das Bundesland boomt bei Reisenden. 2017 erzielte Sachsen sein bisher bestes Ergebnis seit der deutschen Wiedervereinigung. 7,9 Millionen Besucher zählte der Landestourismusverband. Rund die Hälfte übernachtete in Dresden, Leipzig und dem Erzgebirge. Nach Chemnitz reisten die wenigsten. Fast jeder achte Besucher lebte im Ausland - die meisten kamen aus den Niederlanden, dem Nachbarland Polen und den USA. Top-Ziele: Dresden und Leipzig. Um Gegenden fern der Metropolen machen Touristen aus dem Ausland allerdings meist einen Bogen. Das Vogtland gehörte mit 1,7 Prozent zu den drei deutschen Landstrichen mit dem geringsten ausländischen Gästeanteil. Auch im Erzgebirge und der Sächsischen Schweiz lag der Wert bei weniger als 4 Prozent.

Zufriedenheit

Obwohl der Osten Deutschlands bei der Lebenszufriedenheit weiter aufholt, stehen 2017 dennoch alle diese Regionen weiter am Ende des Bundesländer-Rankings im Glücksatlas. In der Studie im Auftrag der Deutschen Post geht es um eine Bewertung des eigenen Lebens sowie um Ziele, Erwartungen und Einstellungen. Trotz niedriger Mieten und der zweitniedrigsten Armutsgefährdungsquote in Deutschland zum Beispiel landet Sachsen auf dem viertletzten Platz.

Arbeitsmarkt

Der Freistaat gilt neben Thüringen als Musterland im Osten in Sachen Arbeitsmarkt. In Sachsen liegt die Arbeitslosenquote im August 2018 mit 5,8 Prozent zwar etwas über dem deutschlandweiten Wert (5,2 Prozent), doch haben acht der restlichen 15 Bundesländer noch höhere Werte. Innerhalb Sachsens haben der Landkreis Görlitz (8,1) an der Grenze zu Polen und die Stadt Chemnitz (7,3) anteilig die meisten Arbeitslosen, während im Südwesten der Erzgebirgskreis (4,5), der Landkreis Zwickau (4,6) oder der Vogtlandkreis (4,7) sogar unter dem Bundesschnitt liegen.

Einkommen

Allerdings werden in Sachsen sehr niedrige Gehälter gezahlt. Das mittlere Monatseinkommen liegt Ende 2017 mit 2.479 Euro brutto um 730 Euro unter dem bundesweiten Wert. Nur Menschen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern verdienen noch weniger. Dass Sachsen nicht ganz am unteren Ende der Skala liegt, verdankt es seinen Großstädten Dresden (2.987 Euro) und Leipzig (2.807 Euro). Schlusslichter auf kommunaler Ebene sind bundesweit die sächsischen Kreise Görlitz (2183 Euro) und der Erzgebirgskreis (2.191 Euro). Chemnitz liegt unter den 85 größten deutschen Städten mit 2.633 Euro ganz am Ende - hier sind aber auch die Lebenshaltungskosten sehr gering.

Bildung

In der Bildung kann seit Jahren kein anderes Bundesland dem Freistaat den Rang ablaufen. Zuletzt landete Sachsen beim Bildungsmonitor 2018 zum 13. Mal in Folge auf Platz eins. Besonders stark sind die Schulen in den Kategorien Förderinfrastruktur und Vermeidung von Bildungsarmut. Auch Kinder mit Migrationshintergrund schaffen immer häufiger das Abitur, das in Sachsen nach 12 Schuljahren abgelegt wird. An den allgemeinbildenden Schulen hatten von den 367.000 Schülern im Schuljahr 2017/18 knapp 35.000 einen Migrationshintergrund. Das waren fast dreimal so viele wie im Schuljahr 2009/10.

Hochschulen

Das sächsische Bildungssystem zieht junge Menschen in den Freistaat - aus anderen Bundesländern, aber auch aus dem Ausland. Von den reichlich 110.000 Studenten im Wintersemester 2016/17 kamen 60 Prozent nicht aus Sachsen. Der Ausländeranteil unter den Studierenden an Hochschulen lag bei 15,2 Prozent. Weit über dem Schnitt liegen dabei unter anderem die Technische Universität Chemnitz (24,7 Prozent) und die Bergakademie Freiberg (22,9). Etwa jeder dritte ausländische Absolvent in Sachsen erwarb 2016/17 seinen Abschluss in den Ingenieurwissenschaften.

Ausländer

Ende 2016 lebten in Sachsen rund 172.000 Ausländer. Damit lag die Quote bei 4,2 Prozent (Deutschland: 11,2). Den höchsten Anteil haben im Freistaat die Großstädte - in Leipzig ist laut Statistischem Bundesamt die Quote mit 8,3 Prozent am höchsten, dahinter liegt Chemnitz (6,6). Die deutschlandweit niedrigste Ausländerquote haben der Erzgebirgskreis (2,0) und der Kreis Bautzen (2,1). Ausländer sind in Sachsen im Schnitt 15 Jahre jünger als die Deutschen. Die meisten kommen aus Syrien, Polen und Russland.

Wahlverhalten

Sachsen ist die Hochburg der AfD. Bei der Bundestagswahl bescherten ihr die Wähler den höchsten Anteil an Zweitstimmen. 27 Prozent setzten ihr Kreuz bei den Rechtspopulisten, die CDU kam auf 26,9 Prozent. Einen besonders schweren Stand hat aber die SPD. Die Sozialdemokraten fuhren ihre sechs schlechtesten Wahlkreisergebnisse genau in den Regionen ein, in denen die AfD deutschlandweit am besten abschnitt: Sächsische Schweiz/Osterzgebirge, Meißen, Görlitz, Bautzen I, Mittelsachsen und Erzgebirgskreis I.

Rechtsextremismus

Sachsen hat ein Problem mit Rechtsextremen, ihre Zahl bewegt sich seit Jahren auf hohem Niveau. Für 2017 geht der Verfassungsschutz von 2.600 Rechtsextremen im Freistaat aus (deutschlandweit: 25.000). Verglichen mit der Bevölkerungszahl liegt das größte Potenzial im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge südlich von Dresden. Hier kommen bis zu elf Rechtsextreme auf 10.000 Einwohner. 2017 erfasste der Verfassungsschutz fast 2.000 Straftaten aus diesem Umfeld, oft verbotene Propaganda und Volksverhetzung. Wenn es zu Gewalttaten kam, waren sie häufig fremdenfeindlich. 2017 gab es 23 Angriffe auf Asylbewerberheime - nach 117 im Jahr 2016.

Kriminalität

Nach einem Anstieg im Jahr 2016 ist die Zahl der Straftaten 2017 auf gut 323.000 erfasste Fälle zurückgegangen. Drei von fünf Straftaten fielen unter die Kategorien Diebstahl oder Vermögens- und Fälschungsdelikte. Gewaltkriminalität ist 2017 um 8,5 Prozent auf knapp 8.000 Fälle gesunken. Damit lag Sachsen im Verhältnis zur Einwohnerzahl bundesweit an viertletzter Stelle. Bei jeder vierten Straftat im Bereich der gefährlichen Körperverletzung waren Zuwanderer tatverdächtig. Dass diese Gruppe in der Kriminalstatistik überrepräsentiert ist, lässt sich unter anderem mit ihrer Altersstruktur erklären. Ob Tatverdächtige am Ende von Gerichten verurteilt wurden - darüber sagt die Polizeistatistik nichts aus.

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