Tränengas gegen Flüchtlinge
Mazedonien will Flüchtlingszustrom stoppen
- Veröffentlicht: 23.08.2015
- 10:41 Uhr
- dpa
Mit Gewalt und Grenzblockaden versucht Mazedonien, den Flüchtlingszustrom aus Griechenland aufzuhalten. Eine kleine Schneise ist wieder geöffnet. Beendet ist das Flüchtlingsdrama aber nicht.
Mit Blendgranaten und Tränengas hat die mazedonische Polizei versucht, Hunderte Flüchtlinge am Überschreiten der Grenze von Griechenland nach Mazedonien zu hindern. Nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) wurden am Freitag dabei mindestens zehn Menschen verletzt. Der mazedonische Sender A1 berichtete am Nachmittag, die Behörden hätten einen kleinen Durchgang geöffnet, um vor allem Frauen und Kinder ins Land zu lassen. Hunderte Menschen drängten daraufhin vom Niemandsland in Richtung mazedonischer Eisenbahn-Grenzstation Gevgelije, wie griechische Medien berichteten.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will kommende Woche mit den Regierungschefs der Westbalkan-Staaten über den Zustrom an Asylbewerbern aus der Region nach Deutschland reden. Der Organisation MSF zufolge wurden zehn Flüchtlinge durch Blendgranaten verletzt. Sie wurden in der griechischen Grenzstadt Idomeni medizinisch versorgt. Nach Angaben der Helfer kamen mindestens vier Migranten ins Krankenhaus.
Bei den Vereinten Nationen löste das Vorgehen Besorgnis aus
Bei den Vereinten Nationen löste das Vorgehen der mazedonischen Polizei Besorgnis aus. Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, rief die Regierung in Skopje auf, an der Grenze zu Griechenland für einen ordentlichen und sicheren Umgang mit Flüchtlingen zu sorgen. Die UN seien bereit, Mazedonien bei der Schaffung ausreichender Kapazitäten zur Betreuung der aus Griechenland kommenden Flüchtlinge zu unterstützen.
Die Zahl der im Grenzraum gestrandeten Migranten stieg am Freitag auf 4.000. Sie sind auf dem Weg nach Westeuropa. Die meisten von ihnen sind vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflüchtet. Mazedonische Beamte hatten versucht, den Flüchtlingen mit einem in der Nacht auf Freitag errichteten Zaun den Weg zu versperren, wie der Sender A1 berichtete. Die Absperrung wurde von Polizisten in Schutzausrüstung bewacht. Auch das Militär habe den Grenzraum in der Nähe von Gevgelije kontrolliert, berichtete das Nachrichtenportal Plus Info. Laut Internetportal Vesti.mk gelangten mehrere hundert Migranten während der Ausschreitungen nach Mazedonien. Sie seien aufgegriffen worden, hieß es. Viele andere Flüchtlinge legten sich aus Protest gegen die Blockade auf die Bahngleise nahe Gevgelije.
Mazedonien hatte am Donnerstag den Notstand erklärt
Mazedonien hatte wegen der Lage an seinen Grenzen zu Griechenland und Serbien am Donnerstag den Notstand erklärt und den Übergang an einer Hauptroute blockiert. Die Regierung rechtfertigt ihr Vorgehen damit, den Flüchtlingszustrom besser bewältigen und die Sicherheit in den Grenzsiedlungen erhöhen zu wollen. Zudem sollte Gevgelije entlastet werden. Von dort versuchen jeden Tag Hunderte Flüchtlinge, einen von drei Zügen in Richtung Serbien zu nehmen.
Kanzlerin Merkel reist am Donnerstag zu der Westbalkan-Konferenz nach Wien, wie Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin ankündigte. Dort werde sie unter anderem mit den Regierungschefs aus Mazedonien, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro und Serbien zusammenkommen und auch über die Flüchtlingsproblematik sprechen.
Eine gemeinsame Einstufung von "sicheren Herkunftsstaaten"
Im laufenden Jahr stammten fast 45 Prozent aller Asylanträge von Menschen aus den sechs Staaten. Drei davon hat die Bundesregierung als "sichere Herkunftsstaaten" eingestuft, um Antragsteller von dort einfacher in die Heimat zurückschicken zu können. Die Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern werden bis auf wenige Ausnahmen abgelehnt. Deutschland und Frankreich wollen die EU-Mitglieder zu einer gemeinsamen Einstufung von "sicheren Herkunftsstaaten" drängen, wie Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein französischer Kollege Bernard Cazeneuve angekündigt hatten.
Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ist die Zahl der neu ankommenden Asylbewerber aus Albanien, Mazedonien, dem Kosovo und aus Montenegro zuletzt deutlich zurückgegangen. Das Bundesamt führt dies auf mehrere Maßnahmen zurück: Die Verfahren von Asylbewerbern vom Westbalkan werden seit einigen Wochen schneller bearbeitet, und es werden mehr Entscheidungen getroffen. In den Herkunftsländern wurde zudem verstärkt Öffentlichkeitsarbeit betrieben.